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AD(H)S


49 Kinder mit „Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsyndrom“ besuchten bis 2024 unsere Therapiecamps

Ärzte hatten zumeist Psychopharmaka wie Ritalin verordnet – wie überflüssig, wie gefährlich. Bei Campende waren 43 der 49 vollständig symptomfrei, die übrigen weitgehend. In unseren Berichten über Frühere Camps stellen wir diese Fälle im Einzelnen vor.

„Ein ganz normaler und intelligenter Junge“

In ein „Auswege“-Camp 2023 brachte der neunjährige Niko* die Diagnosen ADHS und juvenile Depression mit. Was dazu geführt hatte, lag auf der Hand: Unter der Trennung seiner Eltern, beides Kurden, im Jahr 2019 und deren konfliktreicher Vorgeschichte litt der Junge weiterhin massiv. Er sei „emotional sehr belastet“, wie die mitgereiste Mutter einräumte – „ängstlich und depressiv, mit geringer Frustrationstoleranz und Impulskontrolle“. Unkonzentriertheit, Lernschwäche und gestörtes Sozialverhalten erschwerten ihm den Schulbesuch.

Und so organisierte die Mutter für ihren Sohn vielfältige Termine bei konventionellen Ärzten und Therapeuten. Bisher unternahm allerdings keiner den Versuch, das Übel an der Wurzel zu packen: das destruktive Familiensystem zu heilen, unter Einbeziehung der Hauptverantwortlichen, Mutter und Vater. Zwischen ihnen fühlt sich Niko hin- und hergerissen. Wie eine Therapeutin im Januar 2023 protokollierte, „hat Niko mir erzählt, dass er immer ein ganzes Wochenende zu seinem Vater muss, was er nicht will: ‚Papa redet schlecht über Mama. Er sagt, dass sie ein Eierkopf ist, schlechte Manieren hat und stinkt.‘ – ‚Abends liegt Papa in seinem Bett und weint. (…) Daran ist er selber schuld.‘ (…) Ich habe Niko gefragt, ob er mit seinem Papa sprechen kann. Er sagte: ‚Nein, ich will Papa nicht traurig machen.‘“

Ein Gutachten vom Frühjahr 2023 traf den Nagel vermutlich auf den Kopf: Nikos „auffällige Verhaltensweisen (…) sollten von uns als Bewältigungsversuch verstanden werden, eine sinnvolle Lösung für chronisch problematische Situationen in seinem Lebenskontext zu finden“, insbesondere im familiären.

Bei der Suche nach einer solchen Lösung war das „Auswege“-Therapeutenteam offenbar höchst erfolgreich. Wie die Mutter abschließend in einem Fragebogen angab, war Niko nach neun intensiven Camptagen „völlig symptomfrei“ – ohne jegliche Psychopharmaka. „Er liebt das ganze Team und möchte am liebsten gar nicht mehr weg.“ Auf elfstufigen Schätzskalen von -5 („viel schlechter geworden“) über 0 („unverändert“) bis +5 („viel besser geworden“) vergab die Mutter für die Veränderungen, die sie bei ihrem Jungen im Campverlauf beobachtete, drei Mal den Höchstwert +5: hinsichtlich seines Allgemeinzustands wie auch in Bezug auf seine körperliche und psychische Verfassung.

Beeindruckt von Nikos innerer Verwandlung äußerte sich auch ein im Camp mitwirkender Psychiater: „Niko zeigte während der Camptage, dass er ein ganz normaler und intelligenter Junge ist. Seine Lernschwäche und auch das ADHS konnten klar auf den Elternkonflikt zurückgeführt werden.“

Als Danny Mühle spielte – hochkonzentriert, still, stundenlang

Bei Danny*, 11, liegt beinahe von Geburt an ein ausgeprägtes ADHS-Syndrom vor, mit starken Konzentrationsstörungen, einer extrem kurzen Aufmerksamkeitsspanne und erheblichen motorischen Problemen, bei herabgesetztem Muskeltonus; auch seine Wahrnehmung war von Anfang an gestört. Bei niedriger Frustrationsschwelle reagiert er überaus impulsiv.

Die erste Heilbehandlung in einem AUSWEGE-Therapiecamp 2007 muss nach wenigen Minuten abgebrochen werden, weil Danny nicht auf der Liege verharrt; beim zweiten Termin hält er wenigstens eine Viertelstunde lang still. Danach erlebt ihn seine Mutter als “locker und gutgelaunt; der Heiler aus dem AUSWEGE-Therapeutenteam tue ihm gut, sagt er. Seit der Behandlung sei er so entspannt.” Am dritten Camptag fällt der Mutter auf, dass Danny “Regeln besser annimmt. Seine Haut im Gesicht ist ganz glatt geworden; vorher hatte er an den Wangen aufgerauhte, rötliche Flecken”.

Während seine Mutter mit anderen Eltern abends an einer “Familienaufstellung” teilnimmt, hält sich Danny mit anderen Kindern in einem Meditationsraum auf, beaufsichtigt von einem Mitglied des AUSWEGE-Teams. Anfangs tobt er wild und laut umher. Plötzlich bemerkt er, wie der Erwachsene mit einem anderen Jungen an einem Tisch sitzt und ein Brettspiel spielt, das er noch nicht kennt. Er nähert sich: “Was macht ihr denn da?” - “Wir spielen Mühle”, antwortet der Erwachsene. - “Das will ich auch können!”, sagt Danny.. - “Magst du uns mal zuschauen und es dir erklären lassen?” - Danny nickt. Zehn Minuten lang verfolgt er gebannt die Spielzüge der nächsten Partie, lauscht den Erklärungen. Dann sagt er: “Jetzt kann ich´s auch!” Er nimmt am Spieltisch Platz - und anderthalb Stunden lang spielt er eine Partie nach der anderen, hochkonzentriert, still und ohne sich von den kleineren Kindern, die unterdessen kreischend um ihn herumtollen, im geringsten ablenken zu lassen. Präzise setzt der angeblich feinmotorisch gestörte ADHS-Junge die Mühlesteine auf die Ecken und Kreuzungspunkte des Spielfelds. Als die Mutter spätabends ins Spielzimmer kommt, kann sie diese Ausdauerleistung kaum fassen.

In den darauffolgenden Tagen fallen der Mutter immer wieder Situationen auf, in denen Danny “seinen Frust ungewöhnlich gut unter Kontrolle hat”. Doch immer wieder kommt es zu “Rückfällen”, bei denen Danny “Grenzen austestet”, kleine Machtkämpfe mit ihr austrägt, penetrant nörgelt, sie vorlaut “auf die Palme bringt”, “mit sich und der Welt unzufrieden ist”. Kontinuierlich “bergauf” ging es mit dem Jungen also keineswegs. “Ich hatte das Gefühl”, schreibt die Mutter rückblickend, “dass Danny fast zuviel Power bekommen hat und lernen muss, damit umzugehen.”

Abschließend bewertet die Mutter die erzielten Fortschritte insgesamt mit +2 (auf einer Skala von -5 bis -5), insbesondere die psychischen Veränderungen sogar mit +3, mit der Einschränkung, dass sich “einzelne Symptome auch verschlimmert haben”. Am auffälligsten findet sie die deutlich verbesserte Aufmerksamkeit und Konzentration.

Exakt dieselben Bewertungspunke vergibt abschließend der Camparzt. Er erlebt Daniel nun als “zielstrebiger, klarer, fester, konzentrierter”, mit “verbesserter Auffassungsgabe und Ausdauer”. Außerdem fällt ihm auf, dass Dannys “Gleichgewichtssinn sich gebessert” hat.
Näheres berichten wir hier.

Ruhiger, geduldiger, weniger aggressiv

Mit diagnostiertem „ADHS“ kam der neunjährige Melvin* 2012 in ein AUSWEGE-Therapiecamp. Binnen neun Camptagen „hat Melvins ständige motorische Unruhe deutlich nachgelassen, seine Aggressivität ebenfalls, und seine Schlafstörungen sind völlig verschwunden“, stellte seine Mutter am Ende fest. „Er ist erheblich ruhiger, vermeidet und schlichtet Streit, redet leiser, ist sehr geduldig. Nachts schläft er durch, mindestens acht Stunden lang. Wenn er aufwacht, dann nicht aufgedreht. Er sagt selbst, dass er sich nicht mehr so angespannt fühlt, und wirkt ausgeglichen. Plötzlich interessiert er sich nicht mehr für Kampfspiele, nun wollte er Gesellschaftsspiele wie Mau-Mau, Mühle, Dame und Schach lernen.“

Seine Mitte gefunden

Obwohl Fridtjof (12) mit Freude zur (Waldorf-)Schule geht, seine Lehrer mag und gerne ein guter Schüler wäre, sind seine Leistungen miserabel. Wegen “massiver Lese- und Rechtschreibprobleme, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsschwächen, Strukturierungsproblemen und eingeschränkter Merkfähigkeit” wird der Junge im Frühjahr 2008 in der Lüneburger Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie untersucht. Dort ergeben sich “deutliche Hinweise auf eine Aufmerksamkeitsstörung” (ADS)”. In einem gemeinsamen Gutachten empfehlen Chefarzt, Oberarzt und Psychologin “dringend intensive und zielgerichtete Hilfen, da Fridtjof aus unserer Sicht von seelischer Behinderung bedroht ist”. Unterstützend wird zu Ritalin geraten, was die Mutter aber entschieden ablehnt.

Während des AUSWEGE-Therapiecamps (https://www.stiftung-auswege.de/veranstaltungen/fruehere-camps.html) 2008 orientiert sich Fridtjof auffällig an unserem ältesten Teammitglied, einem Heiler Ende Siebzig, der dem Jungen nicht nur Hände auflegt, sondern sich viel Zeit für Gespräche “von Mann zu Mann” nimmt. Daraufhin wirkt der Junge gelöst, krankhafte Verhaltensauffälligkeiten sind nicht festzustellen. “Konzentrationsschwächen”? Wiederholt sieht man Fridtjof Schach spielen - ausdauernd und hochkonzentriert. Die Campärztin erlebt den Jungen “als ein sehr ruhiges, nicht gerade glückliches Kind, das eher träumend durch die Welt geht und Anerkennung und Liebe sucht, vor allem von Männern.” Über das angeblich gute Verhältnis zum Vater, von dem sich die Mutter zwischenzeitlich getrennt hat, sowie zu deren neuem Freund äußert sich Fridtjof selber nicht. Nach Einschätzung unserer Campärztin leidet das “ruhige, sehr sensible Kind” unter der überaus dominanten Mutter. Das Sozialgefüge des Sommercamps könnte für Gegenpole gesorgt und dem Jungen insofern Entlastung verschafft haben.

Dass Fridtjof die Camptage gutgetan haben, stellt schlussendlich auch seine Mutter fest. “Er hat seine Mitte gefunden”, notiert sie nach neun Tagen in unserem Eltern-Fragebogen, “und ist wacher.” Näheres über diesen Fall berichten wir hier.

Warum Finn kein Ritalin mehr braucht

Finn*, dem drei Jahre älterem Bruder eines Jungen mit Cerebralparese, kam die Unterstützung durch unseren „Herzensfonds“ enorm zugute. Lange Zeit war er in psychotherapeutischer Behandlung gewesen: Zwei kinderpsychiatrische Gutachten hatten ihm ADHS bescheinigt, mit starken Konzentrationsschwächen, die ihm im Schulalltag arg zu schaffen machten. „Er ist immer zappelig, sehr ungeduldig, schreit viel, macht Gegenstände kaputt, hört nicht, macht meistens nur, was er will, tyrannisiert den Rest der Familie, ist sehr frech“, klagte seine Mutter Manuela*.

Das verordnete Ritalin habe „anfangs gut gewirkt“, so berichtet sie. „Aber nach zwei Jahren half es nicht mehr, obwohl schon dreimal die Dosis erhöht wurde. Dieses Mittel hat Finn verändert, nicht nur in seinem Sozialverhalten. Er isst kaum, wenn er es einnimmt, und sehr oft hat er daraufhin Kopfschmerzen, Bauchweh und Übelkeit. Ich möchte es absetzen.“
Darüber hinaus sah sie Finn in mehrfacher Weise psychisch belastet: „Sein behinderter Bruder; das Gefühl der Vernachlässigung, weil Mami Jonas womöglich mehr liebt als ihn; die Scheidung seiner Eltern, die Trennung vom Vater: all das bereitet ihm seelisches Leid. Oft ist er traurig, in sich gekehrt. Und immer sucht er nach Anerkennung.“
Fünf Aufenthalte in AUSWEGE-Therapiecamps ab Sommer 2012, zuletzt vom „Herzensfonds“ finanziert, taten Finn derart gut, dass jeweils binnen weniger Tage keinerlei ADHS-Symptome mehr auftraten. Ritalin wurde überflüssig. Nach den Eindrücken des Therapeutenteams steckten hinter seinen Verhaltensauffälligkeiten Signale, dass er sich gegenüber dem behinderten Bruder, der seiner überforderten Mutter einen großen Betreuungsaufwand abverlangt, zurückgesetzt fühlt. Im Zusammenhang damit fehlten Finn klare Regeln und konsequente Führung – und er vermisste seinen Vater. „Finn genoss die Zuwendung durch die Therapeuten“, beobachtete der leitende Camparzt. Außerdem erlebte der Junge hier erleichtert eine Mama, die psychisch auflebte, gestärkt durch vielfältige Beratungsangebote und entlastet von ständigen Betreuungspflichten.

Fängt an, für sich Verantwortung zu übernehmen

Wegen seines aggressiven, impulsiven Verhaltens wurde Julian*, im Oktober 2001 geboren, im Alter von sechs Jahren ADHS diagnostiziert: das Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom. Seine Mutter erlebt ihn als „unfähig, sich zu konzentrieren, und rastlos, ohne Regelbewusstsein“. In seinem Sozialverhalten fanden Ärzte eine krankhafte „Bindungsstörung mit Enthemmung“; „Interaktion mit Mitmenschen ist ihm nicht möglich“, erklärte die Mutter; „zu führen ist er nur bei Eins-zu-Eins-Betreuung“. Daher kam es zuhause und in der Schule ständig zu Konflikten.
Inzwischen wohnte Julian in einer Pflegefamilie und besuchte eine Förderschule, mit reduzierter Stundenzahl. Die Diagnose „Autismus“ wurde ihm gestellt.

Ein Bericht einer Osnabrücker Kinderklinik vom Januar 2010 deutete auf den Anteil des Elternhauses an Julians Problemen hin; darin werden eine „psychische Störung eines Elternteils“ sowie eine „unzureichende elterliche Aufsicht und Steuerung“ erwähnt. „Nach einem psychischen Zusammenbruch musste sich die Mutter in stationäre psychiatrische Behandlung begeben. (…) Sie macht ihre Überforderung mit der Situation deutlich.“ Bei Julian wurde „eine große emotionale Bedürftigkeit“ festgestellt.

Erst die Teilnahme an einem AUSWEGE-Therapiecamp im Sommer 2013 brachte die Wende. Dort verhielt sich Julian, inzwischen 11, erstaunlich aufmerksam, sozial, kommunikativ – keine Spur mehr von dem wenige Wochen zuvor diagnostizierten „Autismus“. Seine Mutter staunte darüber, dass ihr Junge während der neun Camptage „nur einen einzigen Wutausbruch hatte. Während der Behandlungen konnte er still sein. Er fängt an, über sich nachzudenken und Verantwortung für sich zu übernehmen.“

Noch bei Campbeginn bekam Julian täglich fünf Ritalin-Tabletten verabreicht. Eine Woche später setzte die Mutter sie ganz ab.

„Nicht beschulbar“? Von wegen.

Stillsitzen, sich konzentrieren, geduldig warten, kooperieren: All das war dem sechsjährigen Florian S. daheim, im Kindergarten, in der Schule so schwer gefallen, dass seine Eltern ihn zu einem Kinderpsychiater und einer Uniklinik brachten. Nachdem Osteopathie, Heilpädagogik und Ergotherapie nur mäßige bis keine Erfolge brachten, blühte dem Jungen Ritalin; „nicht beschulbar“ sei er, befanden seine Lehrer.

Doch Psychopharmaka erübrigten sich – im Anschluss an drei „Fernbehandlungen“ ab März 2017, welche die Heilerin Carola*, Mitglied des AUSWEGE-Therapeutennetzwerks, vornahm. „Nach etwa drei bis vier Wochen“, so bestätigt uns die Mutter, „waren Veränderungen erkennbar“. So habe Florian im Café auf einen Eisbecher „20 Minuten ohne ‚Theater‘ warten“ können; mit Legosteinen habe er „nach Vorlage ohne Unterbrechung und ständiges Aufstehen gebaut“, was ihm vorher unmöglich gewesen sei. „Seit dem 28. April macht er keine Probleme mehr in der Schule. Er bleibt auf seinem Stuhl sitzen und arbeitet mit; vorher hatte er oft unter dem Tisch gehockt und sich nicht am Unterricht beteiligt. Die Konzentrationsdauer, die vorher maximal fünf Minuten betrug, hat sich wesentlich verlängert. Inzwischen spielt er in der Pause auch mit anderen Kindern; früher war er immer alleine gewesen. Nun sitzt er wieder neben einem Klassenkameraden; vorher hatte er einen Einzelplatz, denn es gab immer Ärger, weil er andere Kinder gestört hat.“ Selbst die Klassenlehrerin, so berichtet Carola*, sei „inzwischen von meinen Behandlungen überzeugt, betont das gegenüber ihren Kollegen und dem Schulrektor und erwägt, ihren eigenen Sohn von mir behandeln zu lassen“.

Eine sonderbare Begebenheit trug sich zu, nachdem die Heilerin am 26. April Florians Mutter allein behandelt hatte. Am darauffolgenden Tag flippte der Junge in der Schule regelrecht aus: Er schrie, weinte, drohte, gebärdete sich hysterisch. Es war der allerletzte Ausbruch dieser Art – seither wirkt Florian wie ausgewechselt. Ein seltsamer Fall von „Erstverschlimmerung“, wegen der „starken energetischen Verbindung“ zwischen Sohn und Mama?

Der ärztliche Befund, der Florian Ende 2016 die Diagnose einer ADS eingetragen hatte, spiegelt wieder, wie Kinder, weil sie sich als solche verhalten, neuerdings zu „Patienten“ gestempelt werden. Höchst bedenklich hatte der Psychiater gefunden, dass „Florian bei der Testung eine schwankende Konzentration, Motivation und Ausdauer zeigt. Er ist etwas ablenkbar und reagiert zeitweise impulsiv.“ Wie krankhaft, bei einem Sechsjährigen.

Klarere Verhältnisse als Orientierungshilfe

2010 wurde Felix*, damals sechs Jahre alt, ADHS bescheinigt: „Er ist massiv verhaltensauffällig“, so seine Eltern, „sehr unruhig und immer unter Strom“, weshalb er zweimal die Schule wechseln musste. Seit November 2012 besucht er eine Schule für geistig behinderte Kinder, wo er „sich bisher gut einleben konnte, es funktioniert gut“, berichten die Eltern. Verhaltensauffälligkeiten „lassen sich gut steuern, da bis zur Mittagszeit das Medikinet wirkt“, ein pharmazeutischer Ruhigsteller.

Nach dem Besuch eines AUSWEGE-Therapiecamps im September 2013 „haben die Symptome deutlich nachgelassen“, wie Felix‘ Eltern abschließend in einem Fragebogen vermerkten. ADHS-typische Verhaltensweisen klangen ab: „Im Camp ist Felix sehr offen und kontakt-freudig gewesen“, stellten die Eltern fest, „uns sind hier keine Aggressionen aufgefallen.“ Der Camparzt bestätigte damals abschließend: „Am Ende war Felix viel entspannter, er redete viel freier – offenbar fühlte er sich von den Teilnehmern und Therapeuten sehr angenommen.“ Wie häufig bei ADHS-Fällen, so scheint auch bei Felix ein unheiles familiäres System entscheidend mitbeteiligt: „Felix ist ein sehr sensibler Junge“, notierte der Camparzt, „der unter starkem Leistungsdruck steht: In seinen Augen macht er vieles falsch, weil seine Eltern seinetwegen so oft streiten. Anfangs wirkte er eingeschüchtert und ängstlich. Der Vater kann sein Verhalten schlecht ertragen, er möchte den Jungen immerzu ‚pushen’.“

Wie erging es Felix nach seinem Campaufenthalt? „Er hat sich weiterentwickelt“, berichteten die Eltern im Frühjahr 2015. „Mittlerweile kann er lesen und sich immer besser selbst steuern.“ Allerdings komme es weiterhin in der Schule „immer wieder zu Verhaltensauffälligkeiten. (Er beschimpft Mitschüler und andere Kinder.) Nach einem strengen Punktesystem versuchen die Schule und wir solche Situationen in den Griff zu bekommen.“

Felix sei „kurz nach dem Camp ausgeglichen und mit sich zufrieden“ gewesen. Aber „sobald der Alltag ihn wieder umgibt, verfällt er in sein altes Muster; oft ist er unruhig und muss sehr eng begleitet werden.“

Während seines zweiten „Auswege“-Camps im August 2015 ließen, nach Einschätzung der Eltern, Felix‘ ADHS-Symptome abermals nach, wenn auch nur „ein wenig“. Während des Camps habe sich der Junge „wohlgefühlt und taute auf. Hier durfte er Kind sein. Zunehmend ging er auf Andere zu und suchte von alleine Kontakt.“ Und sein vermeintliches ADHS? Ein Teammitglied sah „die Quelle von Felix‘ Fehlverhalten in den Erwachsenen um ihn herum. Der Junge muss wissen, dass er akzeptiert und geliebt wird, wie er ist.“

Seither hat sich Felix erfreulich weiterentwickelt. Er sei „offener und zugänglicher“ geworden, schrieb uns die Mutter. „Er erzählt von sich aus und ist nicht mehr so gestresst.“ Allerdings reagiert der Junge weiterhin „unnahbar“ und „aggressiv“, sobald er auf seine Sorgen angesprochen wird.

Nach Einschätzung einer Heilerin, die Felix im August-Camp 2016 erneut behandelte, „macht der Junge Superfortschritte. Hier wurde sein Selbstwertgefühl gestärkt, weil er Zuwendung, Anerkennung, Bestätigung bekommen hat.“ Im Anschluss an eine Heilsitzung bei ihr, während der Felix unentwegt mit ihr redete, äußerte der anwesende Vater, es sei „wunderbar, wie sich unser Junge hier entfaltet hat. Er ist wie verwandelt.“ Einen wichtigen Faktor sah unser Camparzt darin, dass Felix‘ Eltern „inzwischen vom Gegeneinander zum Miteinander gefunden haben. Nun findet Felix klarere Verhältnisse vor, an denen er sich orientieren kann.“

Auswege bei psychischen Leiden: erst dank Profis?

Sowohl in den AUSWEGE-Camps als auch in den Praxen des AUSWEGE-Netzwerks treffen Patienten nur selten professionelle Psychotherapeuten oder gar Fachärzte für Psychiatrie an. Wie können psychisch Belastete dort überhaupt Hilfe erwarten? Wen das wundert, der kennt nicht den erstaunlichen Forschungsstand: Bei seelischen Leiden erreichen einfühlsame, kommunikativ kompetente, lebenserfahrene Laien demnach im allgemeinen keineswegs weniger als studierte Psycho-Profis – auch bei AD(H)S. Belege und Gründe dafür stellt der AUSWEGE-Gründer Dr. Harald Wiesendanger in seiner 10-bändigen Schriftenreihe Psycholügen vor, insbesondere in Band 3: „Seelentief - Ein Fall für Profis?“ (2017)

* Name von AUSWEGE geändert