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Mehr Bewegung


An so gut wie allen Zivilisationskrankheiten ist Bewegungsmangel mitbeteiligt

Eine Therapie mit unschlagbarem Preis-/Leistungsverhältnis, die zuverlässig wirkt und seltenst schadet, ist für jeden von uns rezeptfrei erhältlich, und selbst der ahnungsloseste medizinische Laie kann sie selber anwenden: körperliche Bewegung.

“First of all: no sports!“, soll Winston Churchill erklärt haben, als Reporter von dem britischen Premierminister wissen wollten, worin das Geheimnis seiner guten Gesundheit im hohen Alter bestehe. (Er wurde 90.) Stubenhocker, Fitnessmuffel und Couch Potatoes berufen sich gerne darauf, um zu begründen, warum sie sich vor anstrengender Bewegung drücken. Allerdings ist das Zitat weder belegt. Noch passt es zu Churchills Biografie; in seiner Jugend war er begeisterter Reiter, Fechter, Schwimmer und Boxer gewesen.

Noch wird Unfug richtiger, falls Prominente ihn von sich geben. Nicht Sport, wohl aber regelmäßige physische Betätigung ist ebenso notwendig wie natürlich. Täglich bis zu 15 Kilometer weit liefen unsere fernsten Vorfahren, die Jäger und Sammler der Altsteinzeit. Auch ihre Nachkommen – Bauern, Handwerker, Arbeiter – waren zumeist körperlich hochaktiv. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts begann das Zeitalter des Homo sedens: Seinen Hintern auf Bürostühlen, Autositzen und Fernsehsesseln platthockend, legt er oft weniger als hundert Meter pro Tag zurück. Und so war keine Generation der Menschheitsgeschichte weniger fit als die gegenwärtige.

Dafür zahlt sie einen hohen Preis. An so gut wie allen Zivilisationskrankheiten ist Bewegungsmangel mitbeteiligt.

Dabei würden schon wenige Minuten körperliche Anstrengung pro Tag genügen, um sich nicht nur wohler zu fühlen, sondern einer Vielzahl gefürchteter chronischer Leiden vorzubeugen oder sie erheblich zu lindern. Für mehr als zwei Dutzend Krankheiten haben Mediziner inzwischen nachgewiesen, dass das Risiko, betroffen zu sein, bei regelmäßiger körperlicher Aktivität um 20 bis 30 Prozent sinkt: von Adipositas über erhöhten Blutdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Verdauungsstörungen, altersbedingten Muskelschwund, Immunschwäche, Typ-2-Diabetes, Arthrose und Osteoporose bis hin zu Krebs.

Aber auch auf Geist und Seele wirkt sich Bewegung wohltuend aus: Sie mindert Stress, erhöht Selbstwertgefühl und allgemeines Wohlbefinden, schärft Denk- und Wahrnehmungsvermögen, stärkt die Libido. Als Psychotherapeutikum eingesetzt, kann sie mit üblichen Maßnahmen von Psychologen und Psychiatern ohne weiteres mithalten. In mehreren Studien linderte sie Depressionen, Angststörungen und ADHS nachhaltig, teilweise besser als ein „modernes“ Psychopharmakon. Verhaltensauffällige Kinder profitieren von „Auswege“-Camps sicherlich auch, weil sie in der weitläufigen Umgebung jedes Camphauses ihren Bewegungsdrang nach Herzenslust ausleben können.

Wie viel muss sein, wie viel ist genug? Lange Zeit forderten ärztliche Leitlinien, ein Erwachsener vor dem Rentenalter solle sich mindestens zweieinhalb Stunden pro Woche bewegen. Ein neuer Überblick über die Studienlage halbiert die empfohlene Spanne: Demnach haben schon wöchentlich 75 Minuten deutlich positive gesundheitliche Effekte. Und letztlich zählt jede Minute – in jeder Lebensphase.

Aber müsste es um die Volksgesundheit in Deutschland nicht weitaus besser bestellt sein, wenn Bewegung wirklich so medizinisch wertvoll wäre? 90.000 Sportvereinen in der Bundesrepublik gehören 24 Millionen Menschen an; allein der größte, der Deutsche Fußballbund (DFB), bringt es auf sieben Millionen Mitglieder. Zugleich boomt die Fitnessbranche: Ende 2017 zählten die bundesweit fast 9000 Fitness-Studios gut 10,6 Millionen Kunden – ein Rekord und rund fünf Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Bloße Mitgliedschaft bedeutet aber noch lange nicht regelmäßige körperliche Aktivität. Und was nützt mir das wissenschaftlich bestbestätigte, konsequent durchgehaltene Bewegungsprogramm, solange ich andere Gesundheitsfaktoren vernachlässige?

Quellen:

Glenn C. Rowe/Adeel Safdar/Zolt Arany: „Running Forward: New Frontiers in Endurance Exercise Biology“, Circulation 129 (7) 2014, S. 798-810, doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.113.001590

Darren Warburton/Shannon Bredin: „Reflections on Physical Activity and Health: What Should We Recommend?“, Canadian Journal of Cardiology 32/2016, S. 495-504, http://recreation.sites.olt.ubc.ca/files/2016/05/2016-Warburton-Bredin-PA-Recoemmendations.pdf;

dies. mit Crystal W. Nicol: „Health benefits of physical activity: the evidence“, Canadian Medical Association Journal (CMAJ) 174 (6) 2006, S. 801-809, DOI: https://doi.org/10.1503/cmaj.051351

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