Trügerische Sicherheit
Verbrauchertäuschung mit Grenzwerten
Statt uns vor Giftzufuhren zu schützen, beruhigen uns staatliche Stellen stets mit Argumenten desselben Strickmusters:
„Der von Experten ermittelte Grenzwert für den Schadstoff X aus der Quelle Y wird nicht überschritten – also besteht überhaupt kein Grund zur Sorge!“ Zulässige Höchstwerte festzulegen und ihre Einhaltung sicherzustellen, schreiben in Deutschland etwa die Trinkwasserverordnung, die Strahlenschutzverordnung, das Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch vor.
Unterhalb dieser Werte gelten die Schadstoffe als harmlos.
Kein Volksverdummungsversuch könnte dämlicher sein:
- Grenzwerte beziehen sich immer nur auf eine einzelne, isoliert zugeführte Substanz. Der Mensch ist aber unentwegt einem Schadstoffgemisch ausgesetzt: einer unüberschaubaren Vielzahl an künstlichen Stoffen, die er laufend einatmet, oral oder über die Haut aufnimmt. Kein Grenzwert berücksichtigt, dass sich deren jeweilige Dosis aufaddieren, die negativen Folgen potenzieren können; kein Grenzwert trägt der Möglichkeit Rechnung, dass verschiedene Schadstoffe in unserem Körper miteinander wechselwirken, neue Verbindungen eingehen, sich in ihren Effekten gegenseitig verstärken.
- Ein und denselben Schadstoff verleiben wir uns unbemerkt aus den unterschiedlichsten Quellen ein. Beispiel Bisphenol A (BPA), eine Substanz, die Diabetes und Stoffwechselstörungen fördert, das Immunsystem schwächt, das Krebsrisiko erhöht, vorzeitige Pubertät einleiten und unfruchtbar machen kann – denn sie wirkt hormonell, als sogenannter „endokriner Disruptor“ -, bei Kindern Entwicklungsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten auslöst. Was nützt ein noch so strikter BPA-Grenzwert für Trinkflaschen aus Plastik, wenn wir BPA gleichzeitig über Verpackungen, Konservendosen, Milchtüten und Mikrowellengeschirr in uns aufnehmen, wie auch über Hautkontakte mit dem BPA-beschichteten Thermopapier von Kassenbons, Fahr- und Eintrittskarten?
- Grenzwerte hängen vom Stand der Wissenschaft ab. Ihnen zugrunde liegen festgestellte „Wirkungsschwellen“: Welches ist die höchste unwirksame Dosis? Solange unklar ist, welche biologischen Prozesse eine Schadstoffexposition innerhalb welcher Zeiträume in Gang setzt, kann aber niemals Entwarnung gegeben werden. Weil sich Schäden oft erst Jahrzehnte nach der Exposition einstellen, beruhen „Wirkungsschwellen“ immer auf hochriskanten, weitgehend aus der Luft gegriffenen Vermutungen.
- Grenzwerte sind abhängig von Nachweismöglichkeiten. Oft fehlen aber noch geeignete Messtechniken.
- Grenzwerte gehen vom gesunden Durchschnittsbürger in mittleren Jahren aus, mit intaktem Immunsystem und Stoffwechsel. Bezogen auf Kinder, Schwangere und Alte, Allergiker, besonders Schadstoffsensible (MCS) und andere chronisch Kranke sind sie viel zu hoch angesetzt. Auch einseitige Ernährung, Medikamentenkonsum oder berufsbedingt häufiger Kontakt mit den betreffenden oder anderen Giften sorgen für erhebliche Abweichungen vom Durchschnitt: Manche Menschen sind gewissen Schadstoffen weitaus häufiger, stärker, länger ausgesetzt als andere. Um solche Unterschiede zu berücksichtigen, werden Grenzwerte vorsichtshalber um einen „Sicherheitsfaktor“ erniedrigt. Weil aber niemand weiß, wieviel Schaden noch so kleine Mengen eines Gifts im Verbund mit unzähligen anderen, nicht berücksichtigten Stoffen auf die Dauer anrichten können, entstammt diese Rechengröße eher einer Kaffeesatzleserei.
- Grenzwerte folgen einem simplen Dosis-Effekt-Modell: Je mehr Schadstoff, desto größer die Wirkung. Oft haben geringere Mengen aber gefährlichere Folgen, etwa hormonelle Verunreinigungen.
- Grenzwerte bedeuten grünes Licht dafür, Schadstoffe freizusetzen, wie wenig auch immer. Krebserzeugende oder erbgutverändernde Stoffe können aber schon in kleinsten Mengen unumkehrbare Schäden anrichten.
- Grenzwerte ergeben sich hauptsächlich aus Untersuchungen von Zellkulturen und Enzymsystemen, von Labortieren und Versuchspersonen, sowie aus „Bio-Monitoring“ der Körperfunktionen, Flüssigkeiten und Geweben von Exponierten; doch solche Überprüfungen dauern viel zu kurz, um abschätzen zu können, was eine Exposition langfristig anrichtet. Auch noch so aufwändige „Morbiditäts- und Mortalitätsstudien“, auf die sich Experten berufen, besagen herzlich wenig. Wie soll sich irgendeine neu entwickelte Chemikalie, die zu Abertausenden schon freigesetzter Gifte hinzukommt, in Auffälligkeiten beim Krankenstand und der Todesursachenstatistik bemerkbar machen?
- In der Geschichte von Grenzwerten für Chemikalien sind notgedrungene Absenkungen die Regel. Je mehr man im Laufe von Jahren und Jahrzehnten über ihr Gefahrenpotential herausfindet, desto tiefer setzt man sie an. Deutet dies nicht darauf hin, dass so gut wie alle gegenwärtig geltenden Grenzwerte zu hoch sind – und die Sicherheit, in der sie uns wiegen, trügerisch ist?
- Ein Grenzwert ist kein objektives Faktum. Immer ergibt er sich aus Kompromissen zwischen unterschiedlichen Interessenvertretern, und diese Kompromisse sind in der Regel faul. Übermächtige Industrielobbies arbeiten seit eh und je erfolgreich darauf hin, dass Grenzwerte entweder überhaupt nicht oder verzögert und möglichst niedrig festgesetzt werden. „Wie Chemikalien den Menschen schädigen, hat ihre Produzenten nie besonders interessiert“, so beklagt der Kieler Toxikologe Prof. Dr. Ottmar Wassermann – „obwohl solche tiefgreifenden Schädigungen seit über 100 Jahren vorausgesagt wurden, seit über 30 Jahren bekannt waren und zahlenmäßig inzwischen exponentiell zugenommen haben.“
- Finden lässt sich nur, wonach man sucht. Ein Großteil aller Schadstoffe fällt durchs Fahndungsraster, solange keiner nachforscht, wo sie überall drinstecken. Über Entdeckungen entscheiden oft Zufälle. Beispiel Wasserspielzeug, Schwimmringe und –flügel: Seit Jahrzehnten sind sie im Handel – und der Renner in Schwimmbädern, an Badeseen, am Strand. Doch erst im Jahre 2017 stellte das Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVV) in Freising fest: Drei von vier derartigen Produkten sind mit bedenklichen Mengen gefährlicher Lösungsmittel verunreinigt, selbst solche, die zuvor als „schadstoffgeprüft“ zertifiziert worden waren. Cyclohexanon verursacht Schwindel und Kopfschmerzen; Isophoron gilt als krebserregend; Phenol kann Schleimhäute, Haut und Augen reizen und verätzen; eingeatmet oder geschluckt, kann die Substanz Nieren, Blut, Nerven- und Herz-Kreislauf-System schädigen. Wie kam es überhaupt zu dieser Analyse? Einer Mitarbeiterin des Fraunhofer-Instituts war an Geburtstagsgeschenken für ihre Kinder – Plastiksachen zum Baden und Planschen – ein stechender Geruch aufgefallen.
- Was nützen die schärfsten Grenzwerte ohne ausreichende Kontrollen und Sanktionen?
- Mehrere tausend „Innovationen“ pro Jahr setzt die chemische Industrie in die Welt. Statistiken des europäischen Patentamts zufolge ließ sie allein im Jahre 2012 nicht weniger als 5364 Pharmazeutika, 1434 Lebensmittelsubstanzen und 6002 organische Feinchemikalien patentieren. Wer kontrolliert, unabhängig und wissenschaftlich solide, jedes einzelne Tröpfchen dieser gewaltigen Flut auf medizinische Unbedenklichkeit – ganz zu schweigen von den Hunderttausenden von künstlichen Substanzen, die uns längst schon umgeben?
Placebos zur Volksberuhigung
Aus all diesen Gründen dienen Grenzwerte für Schadstoffe in erster Linie als Placebos zur Volksberuhigung: Der trügerische Anschein von wissenschaftlicher Erkenntnis und behördlicher Kontrolle sichert und verlängert das Geschäft mit medizinisch hochriskanter Chemie. Musterbeispiel Asbest: Dass dieser Baustoff hochgradig kanzerogen ist, war Verantwortlichen spätestens im Jahre 1936 klar, als Asbestose, ein durch Asbest hervorgerufener Lungenkrebs, als Berufskrankheit anerkannt wurde. Trotzdem durfte Asbest in Deutschland weiterhin, bis in die siebziger Jahre hinein, höchst profitabel vertrieben werden; in beinahe jedem Gebäude kam es zum Einsatz. Erst nach 1981 galten Einsatzbeschränkungen, erst seit 1990 ist das gefährliche Material EU-weit verboten. Ähnlich lange dauerte es, bis Lindan und Formaldehyd, Polychlorierte Biphenyle (PCB) und Pentachlorphenol (PCP) endlich vom Markt verschwanden. Die Liste ließe sich beliebig fortführen.
Dass der Staat lieber die Interessen von Konzernen als die Gesundheit seiner Bürger schützt, verrät er daran, dass er eine absurde Umkehr der Beweislast zulässt. Sollte nicht derjenige, der uns einer giftigen Chemikalie aussetzt, vorher deren Unbedenklichkeit zweifelsfrei belegt haben? Müssen verantwortungsvolle Regierungen und Behörden bis dahin nicht strikt am Vorsorgeprinzip festhalten? Stattdessen darf der Produzent das Gift freisetzen, solange es keine unwiderlegbare „wissenschaftliche Evidenz“ dafür gibt, dass es uns tatsächlich schadet. Ein hieb- und stichfester Beweis, dass eine bestimmte Substanz eine bestimmte Krankheit erzeugt, ist naturgemäß aber nie zu erbringen – dafür sind die beteiligten Vorgänge im menschlichen Organismus viel zu komplex. Und immer spielen weitere Belastungsfaktoren mit, die sich ebenfalls für festgestellte Gesundheitsschäden verantwortlich machen lassen.
Konsequent umgesetzt, würde das Vorsorgeprinzip erfordern, „Nulltoleranz“ walten zu lassen: Künstliche Chemie darf in Lebens- und Futtermitteln erst gar nicht vorkommen, solange unklar ist, was sie über kurz oder lang in uns anrichtet. Entsprechende Verbote, so erläutert das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), erlasse der Gesetzgeber durchaus hin und wieder, um „Belastungen von Lebensmitteln auszuschließen, z.B. weil er die Risiken für nicht ausreichend kalkulierbar bzw. für nicht tolerabel hält. (…) Auch bei unzureichender toxikologischer Datenlage“, so betont die Behörde, „oder bei hinreichendem Verdacht auf weitere mögliche gesundheitsschädliche Wirkungen können Nulltoleranzen festgesetzt werden“. Sind diese Voraussetzungen bei chemischen „Innovationen“, mit denen Menschen in Kontakt kommen, etwa nicht immer erfüllt?
Wie können wir unter solchen Umständen uns und unsere Liebsten überhaupt noch schützen? Indem wir größtmögliche Vorsicht walten lassen, offiziellen Verharmlosungen grundsätzlich misstrauen – und bei Kontakten mit allgegenwärtigen Giftschleudern auf alles Vermeidbare verzichten, um den unabsehbaren Schaden einigermaßen zu begrenzen, den das Unvermeidliche anrichten wird. Das gilt für Trinkwasser und Nahrung, für Waschmittel und Kosmetika, für Verpackungen und künstliche Strahlung, für Medikamente und Impfstoffe gleichermaßen.
Während besagtes Massenexperiment, je länger es andauert, die Menschheit in geradezu apokalyptischem Maße bedroht, bedeutet es für Wenige geradezu ein Geschenk des Himmels: für all jene nämlich, denen es umso besser geht, je schlechter es uns geht. Je mehr Menschen chronisch krank werden, je früher sie es tun, je länger sie es bleiben, desto prächtiger sprudeln die Gewinne von pharmazeutischer und medizintechnischer Industrie, von Apothekern, Klinik- und Pflegeheimbetreibern, von Heilberuflern aller Art. Je mächtiger diese Profiteure, desto unwahrscheinlicher wird es, dass das Experiment ein baldiges Ende findet. ET wird weiter staunen.
Bleiben Sie gesund
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