Selbstwertgefühl, geringes
„Viel selbstbewusster geworden“
Mit vier Jahren, 2008, begann Emma* zu stottern – „wechselhaft“ ausgeprägt, wie ihre Mutter berichtet. „Manchmal ist der Redefluss phasenweise flüssig“. Wegen ihrer Sprachprobleme „nimmt sich Emma zurück“. Ihr Selbstbewusstsein leidet darunter ebenso wie ihre Sozialkontakte. Logopädie hatte sie vor ein paar Jahren abgebrochen.
Inzwischen 19 Jahre alt, nahm Emma im Sommer 2024 an einem „Auswege“-Therapiecamp teil. Dort habe ihr Stottern „deutlich nachgelassen, da ich viel entspannter und ruhiger geworden bin“, wie sie am Ende in einem Patienten-Fragebogen angab. Auch sei sie „viel selbstbewusster geworden“, insbesondere „gegenüber Erwachsenen mutiger. Mit vielen netten Menschen bin ich ins Gespräch gekommen.“ Ihre anfängliche Nervosität habe sich rasch gelegt. „Viel Freude und Hoffnung“ habe ihr die Campwoche gebracht. Sogar Auftritte mit Gesang und Gitarre vor versammelter Campgemeinschaft traute sich Emma zu. Wie ein im Camp anwesender Facharzt für Psychiatrie bestätigte, wurde die junge Frau „sehr viel selbstbewusster, taute immer mehr auf. Dabei suchte sie auch immer mehr die Herausforderung und die Emanzipation von der Mutter.”
„Eine andere Sichtweise bekommen“
„Seit vielen Jahren“, so gibt Paula* (56) an, leide sie an „Depressionen, mangelndem Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl“. Sie sei chronisch erschöpft und antriebslos, fühle sich unentwegt überfordert. Ihr Hauptproblem sei es, „dass ich es allen recht machen will, um geliebt zu werden“. Sie könne „nicht Nein sagen – wenn ich nicht helfe, finde ich mich egoistisch“.
Homöopathie und Gesprächstherapie brachten Paula bloß „kurzfristige Besserung“. Ihre erste Psychotherapie begann die dreifache Mutter „mit 24 Jahren, acht Wochen nach der Geburt meines zweiten Kindes, weil die Blutungen wegen psychosomatischer Störungen nicht aufhörten. Später folgten noch zwei weitere Therapien, die ich aber aus verschiedenen Gründen nicht beenden konnte.“
Mit ihrem jetzigen Ehemann ist sie seit rund 40 Jahren zusammen. „Leider leben wir zwar in einem gemeinsamen Haushalt, aber nicht mit-, sondern nebeneinander. Wir kümmern uns um unsere Tochter und unsere Enkelkinder, jeder auf seine Art. Probleme im Außen lösen wir gemeinsam, sonst lebt jeder für sich. Ich wünschte, das wäre anders.“ Gefragt nach ihrem Sexualleben, erklärt Paula offen: „Ich habe keines. Habe mich mittlerweile aber daran gewöhnt.“
Was brachte Paula die Teilnahme an einem AUSWEGE-Therapiecamp 2019? Bei Campende fühlte sie sich endlich „nicht mehr so erschöpft“. Darüber hinaus habe sie „viele Erkenntnisse, Anregungen und eine andere Sichtweise auf die Dinge bekommen, die mich belasten, so dass ich jetzt anders in die Zukunft schauen kann. Ich bin dankbar, dass ich hier sein durfte, um die Erfahrungen zu machen, die ich brauchte.“
Auswege bei psychischen Leiden: erst dank Profis?
Sowohl in den AUSWEGE-Camps als auch in den Praxen des AUSWEGE-Netzwerks treffen Patienten nur selten professionelle Psychotherapeuten oder gar Fachärzte für Psychiatrie an. Wie können psychisch Belastete dort überhaupt Hilfe erwarten? Wen das wundert, der kennt nicht den erstaunlichen Forschungsstand: Bei seelischen Leiden erreichen einfühlsame, kommunikativ kompetente, lebenserfahrene Laien demnach im allgemeinen keineswegs weniger als studierte Psycho-Profis – auch bei mangelndem Selbstbewusstsein. Belege und Gründe dafür stellt der AUSWEGE-Gründer Dr. Harald Wiesendanger in seiner 10-bändigen Schriftenreihe Psycholügen vor, insbesondere in Band 3: „Seelentief - Ein Fall für Profis?“ (2017)